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Sputniks – Gitarrentwist 1964 / Rock To Rock 2014 (Amiga/Sony)                                  02.05.2014                01.  Gitarrentwist                                                  I 02.  Storm                                                            03.  Sputnik-Thema                                               04.  Spanischer Zigeunertanz                                 05.  Beim Hully-Gully bin ich König                          06.  Für so viel Liebe                                             07.  The For Young Lovers                                     08.  Nordlicht                                                        09.  Shazam                                                         Bonustracks (alte Titel neu produziert):                   10.  Etage 8                                                         11.  Exodus                                                          12.  Peter Gunn                                                    13.  Tribute To The Shadows                                 Manchmal   hat   man   wirklich,   nur   für   Bruchteile   von   Momenten,   das   Gefühl,   so   etwas   wie   Zeit   gäbe   es   nicht.   Aus   den   Boxen klingt Gitarrensound, ich meine wirklich Gitarrensound, aber die Tage, als ich ein  Stück   wie   „Apache“   von   den   englischen   SHADOWS   hörte,   von   den   amerikanischen   VENTURES   das   legendäre   „Wipe   Out“ aus   dem   Dampfradio   schepperte   oder   auch   „Cry   For   A   Shadow“   der   BEATLES   an   unsere   Ohr   drang   und   man   das nachzuspielen   versuchte,   sind   schon   lange   Vergangenheit.   Doch   dieser   Sound   der   „elektrisch   verstärkten“   Gitarren,   wie   man das   bürgerlich   steif   nannte,   klingt   noch   immer   frisch   und   unverbraucht   wie   anno   dunnemals,   so   als   wäre   die   Zeit   wirklich irgendwie doch stehen geblieben. Als   ich   begann,   Schallplatten   zu   sammeln,   war   die   Auswahl   im   Konsum   noch   nicht   sonderlich   groß.   Im   Jahre   1962   kaufte ich   mir   als   12jähriger   eine   Single   von   Bärbel   Wachholz   mit   dem   „Cape   Town   Boy“   darauf,   weil   das   so   nach   Englisch   klang und   ein   Jahr   später   dann   eine   Single   mit   den   SPUTNIKS   und   „Shazam“,   einem   Gitarren-Twist,   auf   der   A-Seite   sowie   hinten mit   dem   „Nordlicht“   darauf.   Beide   Scheiben   habe   ich   immer   noch   und   auch   die   beiden   später   erschienen   Langspielplatten von   Amiga,   „BIG   BEAT   I   und   II“   (1965).   Die   darauf   enthaltenen   Stücke   der   SPUTNIKS,   von   den   BUTLERS,   vom   FRANKE- ECHO-QUINTETT,   der   THEO-SCHUMANN-COMBO   oder   auch   von   OLYMPIC   aus   Prag   läuteten   auch   bei   uns   eine   Ära   ein,   die man   heute   weltweit   als   die   Beatlemania   kennt.   Auch   in   der   DDR   hatte   sie   eine   kurze,   aber   heftige   Episode.   Der   Rest   ist Geschichte,   doch   wenn   man   nur   einige   wenige   Töne   aus   jenen   Tagen   hört,   insbesondere   diesen   „frischen   Gitarrensound“, dann   ist   auch   sofort   das   Gefühl   wieder   da,   das   Leute   wie   ich   zum   Beispiel   mit   den   SPUTNIKS   verbinden.   Live   war   schon damals   live   und   Jugendtanz   war   weiß   Gott   nicht   das,   was   das   Wort   zu   suggerieren   scheint.   Auch   wir   waren   mal   so   wild   und heiß, wie die Musik, die unser Antrieb war – die Beat-Musik. Satte   50   Jahre   später   sitze   ich   in   meinem   Zimmer   und   höre   den   Gitarren-Sound   der   Sputniks   wieder   und   zwar   so,   wie   er original   damals   klang,   nur   eben   in   stereo,   statt   in   mono.   Aus   den   Boxen   dringt   der   helle   Klang   vom   „Gitarren   Twist“,   von „Storm“ und das „Sputnik-Thema“ und im Player dreht sich eine neue CD der SPUTNIKS: „Rock To Rock 1964 – 2014“. Da   hört   man   noch   die   Saiten   schwingen   und   spürt   jeden   Anschlag   des   Blättchens,   zu   dem   man   später   Plectrum   sagen   wird. Der   Hörer   fühlt   noch   selbst   jeden   Ton,   der,   wie   bei   „Storm“   gut   zu   hören,   etwas   gedehnt   wird   und   der   „Tanz“   der   Sticks,   der das    kurze    „Sputnik-Thema“    einleitet,    ist    wie    ein    Anklopfen    an    eine    alte    Tür,    hinter    der    sich    beinahe    vergessene Kostbarkeiten   verbergen.   Es   sind   ein   „Spanischer   Zigeunertanz“,   ein   flottes   Instrumental,   das   viel   Temperament,   vom Rhythmus   getrieben,   versprüht   und   das   legendäre   „Theme   For   Young   Lovers“,   bei   dem   ich   mir   damals,   ebenso   wie   mit „Shazam“,   als   Teenager   Tag   für   Tag   Hornhaut   auf   die   Finger   geübt   habe.   Beim   Hören   der   alten   Beat-Nummern   jagt   ein Deju   Vu   das   nächste,   zumal   keines   der   Instrumentalstücke   länger   als   drei   Minuten   dauert.   Nur   die   neu   eingespielten   vier Bonustracks   der   ersten   CD,   wie   etwa   „Etage   8“   oder   das   unverwüstliche   Thema   „Peter   Gunn“   sind,   mit   Ausnahme   von „Tribute   To   The   Shadows“,   etwas   länger   und   der   Sound   fülliger   geraten,   was   beim   Hören   dieser   ersten   CD   in   einem   Rutsch aber   nicht   im   geringsten   stört.   Der   Geist   der   Pionierjahre   fühlt   sich   wieder   frei   gelassen   und   die   Freude,   die   Klassiker   des „Gitarrenbeat“ früher Jahre so geballt hören zu können, macht Appetit auf mehr. 01.  FBI 02.  Never Die 03.  Objection 04.  Hold Me Now 05.  Woman Of Mystery 06.  What You Love It 07.  March Of The Sputniks 08.  Zicken-Rock 09.  Surfing On My Thames 10.  How I Remember 11.  Albatros 12.  What I Mean 13.  Rock To Rock 14.  Rest My Case Die   zweite   CD   erfüllt   den   Wunsch   nach   mehr,   ist   aber   gleichzeitig   so   etwas   wie   der   Sprung   in   die   neue   Zeit   über   Jahrzehnte hinweg.   Hier   findet   man   den   Sound   der   SPUTNIKS,   so   wie   er   modern   und   aktuell   klingt.   Fast   alle   Kompositionen   sind   neu und   doch   zum   Teil   noch   immer   der   „alte“   Gitarrensound.   Die   neuen   Ideen   kommen   aber   rockiger   daher,   wie   man   beim Instrumental   „FBI“   hören   kann   und   auch   „Never   Die“   merkt   man   schnell   an,   dass   der   Gitarrist   MICHAEL   LEHRMANN,   der inzwischen   bei   den      SPUTNIKS   spielt,   natürlich   andere,   frischere   Erfahrungen   mitbringt.   Nebenbei   gibt   es,   welch   schöne Überraschung,   ein   Wiederhören   mit   der   Gesangsstimme   von   HENRY   KOTWOWSKI,   dem   Gründer   der   Band.   Ein   wenig Inspiration   von   den   Dire   Straits   hat   zu   „Objection“   geführt   und   eher   balladesk   ausgestattet   kommt   „Hold   Me   Now“   daher. Zwei   Mal   Kotowski,   Vater   HENRY   und   Tochter   SIMONE   im   Duett,   aber   leider   bei   diesem   Song   schon   ziemlich   weit   weg   vom frühere   Sound   der   Gitarren   -   Combo,   während   „Woman   Of   Mystery“,   trotz   aller   modernen   Elemente,   wieder   grandios   an   die gewohnten   instrumentalen   Traditionen   der   SPUTNIKS   anknüpft,   wie   der   „March   Of   The   Sputniks“   ebenso.   Beide   neue Kompositionen halte ich für absolute Volltreffer.  Mit   „Zickenrock“   ist   KOTOWSKI   endlich   auch   gesanglich   wieder   bei   sich   selbst.   So   habe   ich   die   Stimme   von   Cott’n,   damals (1975)   für   kurze   Zeit   bei   der   Modern   Soul   Band,   in   meiner   Erinnerung.   Sein   Spiel   mit   der   Mundi   fügt   sich   auch   diesmal geschmeidig   in   den   Song   ein.   Was   für   ein   schöner   Boogie   -   Gruß   an   die   Modern   Soul   Band   und   genau   von   dort   scheint   auch die   Inspiration   für   die   Bläser   zu   kommen,   die,   neben   den   Gitarren-Einwürfen,   „Surfing   On   the   Thames“   so   schön   fett erklingen lassen. Dass   sich   allerdings   auch   der   gute   alte   „Albatross“   von   Peter   Green   hier   einfinden   würde,   noch   dazu   so   bezaubernd   aus   den Saiten gekitzelt, das hätte ich nicht erwartet. Sehr gefühlvoll und mit durchaus eigener Note dem Original nachempfunden – Respekt,   das   hat   was!   Kurz   vor   Schluss   gibt   es   mit   dem   Titeltrack   „Rock   To   Rock“   noch   eine   waschechte   Beat-Nummer,   die mich   streckenweise   wohltuend   an   Duane   Eddie’s   „Rebel   Rouser“   erinnert   und   von   den   SPUTNIKS   Jahrzehnte   später   mit sicherer   Hand   aus   den   Saiten   gezupft   wird.   Mein   ganz   persönlicher   Favorit   jedoch   ist   das   abschließende   „Rest   My   Case“,   ein langes   Instrumental,   das   noch   einmal   alle   Tugenden   und   Spielereien   dieser   besonderen   Art,   Gitarre   nur   rein   instrumental   zu spielen,   in   sich   vereint.   Daumen   hoch   für   den   Mann   an   der   Gitarre,   MICHAEL   LEHRMANN,   allen   Neu-Startern   zum   Anhören und   Nachspielen   empfohlen,   und   dem   mit   der   Mundi   zwischen   den   Lippen,   HENRY   „Cott’n“   KOTOWSKI!   Musik   soll   Spaß   und Freude   machen,   aus   dem   Bauch   heraus   die   Herzen   erreichen.   Das   war   sicher   das   damalige   Motto,   und   das   ist   hier   in   jedem Ton auch noch heute zu spüren und zu hören.  Dieser   Silberling   mit   einer   der   ältesten   Beat-Gruppen   dieses   Landes   war   eigentlich   schon   längst   mehr   als   überfällig.   Nun kann   der   Liebhaber   die   Klassiker   der   SPUTNIKS   in   einem   Rutsch   durchhören   und   bekommt   obendrein   mit   der   zweiten   CD neues   Material   auf   die   Ohren.   Über   die   Titelfolge   der   zweiten   Seite   könnte   man   trefflich   diskutieren   und   über   ein   oder   zwei der   Vokaltitel   vielleicht   auch,   aber   das   ist   schon   ein   sehr   persönlicher   Einwand,   dem   andere   nicht   folgen   müssen   und   der auch   in   keiner   Weise   den   Gesamteindruck   des   Doppelpacks   schmälert.   Die   alten   Kracher   klingen   noch   immer   scharf   und   die neuen   instrumentalen   Stücke   folgen   auf   dem   Fuß.   Zurück   zu   den   Wurzeln   und   den   Idealen   der   Anfänge   mit   guter   sowie ehrlich gemachter Musik und das ist auch der Eindruck, der von dieser Zusammenstellung bleiben wird.                                        alte Originalkarte der Sputniks mit Originalsignaturen